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Wander-Version der Ausstellung Klimaversum, Foto: Klimabündnis Steiermark
Vom Plastikwahnsinn zum Müllschlucker: Abenteuerliche Wege zu nachhaltigen Ausstellungen
Die KIMUS GmbH betreibt unter anderem das Grazer Kindermuseum FRida & freD und gemeinsam mit dem Universalmuseum Joanneum das CoSA – Center of Science Activities. Mehrere Orte, um in Ausstellungen für unterschiedliche Zielgruppen den Verzicht zu üben? Ein Lokalaugenschein in der Praxis.
„Würden wir gar keine Ausstellungen machen, würden wir am meisten Ressourcen sparen!“ Dieser Satz auf einer Klausur zum Thema Nachhaltigkeit bohrte sich wie ein Pfeil in die Herzen der Ausstellungsmacher:innen. Ist alles schlecht, was wir tun? Oder gibt es auch etwas Positives? Unsere Superpower ist ja, dass wir auch umweltrelevante Themen vermitteln und viele Menschen erreichen – also müssen wir nicht darauf verzichten, überhaupt Ausstellungen zu machen. Der Zweck heiligt die Mittel; ist doch so, oder?
„Würden wir gar keine Ausstellungen machen, würden wir am meisten Ressourcen sparen!“ Dieser Satz auf einer Klausur zum Thema Nachhaltigkeit bohrte sich wie ein Pfeil in die Herzen der Ausstellungsmacher:innen. Ist alles schlecht, was wir tun? Oder gibt es auch etwas Positives? Unsere Superpower ist ja, dass wir auch umweltrelevante Themen vermitteln und viele Menschen erreichen – also müssen wir nicht darauf verzichten, überhaupt Ausstellungen zu machen. Der Zweck heiligt die Mittel; ist doch so, oder?
Aktuell, solange das Thema aktuell ist
Den Themen Wetter, Klima und Klimawandel widmete sich das FRida & freD 2015/2016 mit der Mitmach-Ausstellung Klimaversum. Die Kinder erlebten, warum es wärmer wird und wie ihr persönliches Verhalten zum Klimawandel beiträgt. Die Ausstellung wurde im Auftrag des Landes Steiermark im Rahmen der Ich-tu’s-Klima- und Energieinitiative konzipiert und umgesetzt. Insgesamt wurde Klimaversum im FRida & freD von rund 26.000 Personen besucht. In der Rolle von Reporter:innen versuchten Kinder ab acht Jahren herauszufinden, wer das Wetter macht, woher das Klima kommt und warum es sich wandelt. Sie durchstöberten ein riesiges Sammelsurium auf der Jagd nach einer spannenden Reportage für ihre Klimazeitung: „Wie gehen Tiere und Pflanzen mit extremer Hitze oder Kälte um?“ – sie gestalteten ein Titelblatt. „Beeinflusst das Klima die Menschen?“ – sie machten ein Interview. „Wie funktioniert das Wetter überhaupt?“ – sie schrieben einen Wetterbericht. „Was sind die Gründe für den Klimawandel und was hat er bereits bewirkt?“– sie machten eine Schlagzeile daraus. Anschließend tourte die Wanderversion der Ausstellung in Holzkisten mit wenig Transportvolumen durch die Steiermark und erreichte in Gebieten außerhalb des Einzugsgebiets des Kindermuseums bisher 24.000 Menschen. Klimaversum ist nach wie vor unterwegs, kein Ende in Sicht – und das ist gut so. Schließlich ist die Tatsache, dass sich das Klima aufgrund unseres Handelns verändert, noch nicht bei allen angekommen.
Auch viele andere Ausstellungen des Kindermuseums sind Wanderausstellungen, die nach der Präsentation in Graz an anderen Orten gezeigt werden. Bis zu zehn Jahre werden sie von Leihort zu Leihort transportiert, im Idealfall in langlebigen Hussen, um Verpackungsmaterial zu vermeiden. Doch auch die Raumstrukturen und Böden einmaliger Ausstellungen werden über viele Jahre hinweg weiterverwendet und auch Ausstellungselemente werden lange Zeit aufgehoben, sofern es dafür Lagermöglichkeiten gibt.
Plastikfreie Ausstellungsproduktion – geht es noch nachhaltiger?
Im CoSA – Center of Science Activities war von Juli 2023 bis Februar 2024 PLANET OR PLASTIC? Eine Ausstellung von National Geographic zu sehen. Kraftvolle Fotos verdeutlichten die globale Plastikmüllkrise und zeigten die dramatischen Auswirkungen des Kunststoffs auf unsere Umwelt. Es war eine Vorgabe von National Geographic, für die Ausstellung keine Kunststoffe zu verwenden. Klingt logisch, ist es auch. Doch das von National Geographic vorgeschlagene Material hätte extra produziert werden müssen. Das CoSA-Team dachte sich: Da geht noch mehr! Es wollte einen Schritt weitergehen und das Beste rausholen: die Ausstellung so produzieren, dass gar kein Abfall anfällt. Der Ehrgeiz war geweckt!
Ganz nach der Devise „Wer an der Küste bleibt, kann keine neuen Ozeane entdecken“ sollte etwas anderes versucht werden. Der Plan war, dass eine Druckerei gebrauchte, also bereits für ein anderes Projekt bedruckte Druckplatten zur Verfügung stellt. Diese Aluminiumdruckplatten wurden bisher nach dem Gebrauch recycelt. Es wurde ein Weg gefunden, um diese Druckplatten nochmals zu verwenden und die Rückseiten zu bedrucken. So hätte aus dem ursprünglichen Produktionsmaterial ein Trägermaterial für Fotos und Texte werden sollen, das an den bestehenden Holzwänden auf der Ausstellungsfläche hätte montiert werden können. Nach dem Abbau der Ausstellung wären die Druckplatten recycelt worden, mit diesem Trägermaterial wäre also kein Abfall entstanden.
So weit die Theorie. In der Praxis sah es leider anders aus. Beim Probedruck war nicht absehbar, dass die meisten bedruckten Platten im Druckbild grobe Fehler aufwiesen. National Geographic hatte sehr strenge Vorgaben bzgl. der Darstellung der Fotos, fehlerhafte Darstellungen wären für sie und das CoSA-Team ein No-Go gewesen. Also doch zurück zu einem plastikfreien Material, das explizit für die Ausstellung hergestellt werden musste: Karton. Die Druckqualität war einwandfrei, die Ausstellung schlussendlich gelungen. Aber ganz ehrlich: Partiell musste dennoch auf Plastik zurückgegriffen werden. Die Paneele aus Karton lösten sich von der Trägerwand und konnten nur mit Plastik-Klebeband miteinander verbunden werden. Nein, es gab keine Alternative. Das Klebeband unter dem Boden? Die Dübel in der Wand? Die Halterung der Kopfhörer? Die Teppiche am Boden? Ebenfalls aus Plastik. Im Hinblick auf Brandschutz und Sicherheit sind die Möglichkeiten rar.
Die Kartonplatten danach weiterzuverwenden war leider unmöglich, aus rechtlichen Gründen mussten die Fotos vernichtet werden. Die Learnings: Wer innovativ denkt, hat ein größeres Risiko zu scheitern. Dennoch: Weniger auf Vermutungen vertrauen, viel früher an Tests denken. Innovationen brauchen Zeit, also genügend Personalressourcen einplanen.
Eine Ausstellung, die gar keinen Mist baut
Seit März 2024 ist im FRida & freD eine neue Ausstellung zu sehen: MIST?! Eine Upcycling-Ausstellung für Abfallprofis. Aktuell entdecken dort Kinder ab acht Jahren, dass in fast jedem Abfall noch ein wichtiger Wertstoff steckt. Sie lernen Abfall zu vermeiden, Dinge wiederzuverwenden oder richtig zu recyceln und sie stellen aus Abfall neue, nützliche Dinge her. Dass eine solche Ausstellung aus Abfall gestaltet sein muss, lag auf der Hand.
In Kooperation mit dem Ressourcenpark der Holding Graz Abfallwirtschaft wurde über Monate hinweg Brauchbares gesammelt, mit dem die ganze Ausstellung gebaut wurde. Doch das war leichter gesagt als getan. Die Planung war schwierig und zeitintensiver, denn was man sich für die Gestaltung wünscht, ist nicht unbedingt das, was man von der Abfallsammelstelle bekommt. In einer Ausstellung über Abfall darf der Look etwas freier interpretiert werden: shabby, schräg, ungenau, rough – das passt gut zu diesem Thema. Bei anderen Themen wäre dies nicht immer passend oder gar unmöglich. In einer Ausstellung über Essen, in der auch Lebensmittel ausgegeben werden, wären alte Oberflächen, die nicht desinfiziert werden können, undenkbar. Doch in MIST?! wurden Müllwesen, die von verschiedenen Abfallarten erzählen, aus entsorgten Holzschränken gemacht und alte Holztüren waren die Trägermaterialien für Illustrationen.
Aber irgendwann wird auch diese Ausstellung zu Ende gehen. Und dann? Ist die Ausstellung – wie in diesem Fall – keine Wanderausstellung, kommt alles, was nicht für eine weitere Verwendung eingelagert wird, auf den hauseigenen Flohmarkt. Schulen und Kindergärten sind Stammgäste, doch auch Privatpersonen ergattern gern ein Schnäppchen. Sehr beliebt sind Kostüme, die auch nach über 50.000 Besucher:innen noch in Ordnung sind und meist nach wenigen Minuten verkauft werden.
Ja, es stimmt, dass wir am meisten Ressourcen sparen würden, wenn wir gar keine Ausstellungen machen würden. Dennoch sollten wir es weiterhin tun, wenn wir uns bei allem, was wir tun, uns stets unserer Verantwortung bewusst sind. Es gibt noch Luft nach oben, wir sind noch nicht am Ziel – aber am Weg. Auch wenn die Schritte klein sind und Rückschritte nicht ausbleiben. Am besten gelingt es, wenn man motivierte Partner:innen findet, die am gleichen Strang ziehen.