
Glas soll sicher und komfortabel im Umgang sein.
Mythos Glas: Praxistipps
Von:
David Halbe (Geschäftsführer, HALBE-Rahmen), Lauta
Gewicht und Sicherheit
Beim Einsatz von Glas in Bilderrahmen spielen nicht nur die Optik und der Schutz des Bildes eine Rolle, sondern auch sicherer und komfortabler Umgang bei Einrahmung, Transport und Hängung. Gewünscht ist meist ein splitterfreies und leichtes Glas. Zum Schutz vor Vandalismus, Diebstahl aber auch vor unbeabsichtigten Beschädigungen oder beim Transport ist es wünschenswert, wenn die Scheiben nicht brechen und ggf. Scherben die Objekte beschädigen oder Menschen verletzen. Dann kommen Zweischeibensicherheitsgläser (VSG) wie das SCHOTT MIROGARD® Protect oder Acrylgläser wie das Tru Vue Optium Museum Acrylic® zum Einsatz. MIROGARD® Protect besteht aus zwei 2mm starken Weißglasscheiben, die mit einer UV-absorbierenden Spezialfolie (PVB-Folie; Dicke = 0,38 mm) verbunden sind. Diese Folie verhindert im Fall des Bruches lose Scherben.
Bei Optium Museum Acrylic® ist das Grundmaterial Acrylglas von sich aus schlagzäh und damit unempfindlich gegen Bruch. So kann die Materialstärke geringer ausfallen als bei mineralischem Glas und ein Bruch beim (unsachgemäßen) Handling ist ausgeschlossen. Auch Glasbruch beim Transport wird so vorgebeugt.
Normales MIROGARD® kann für den Transport abgeklebt werden, damit im Falle des Bruchs keine Scherben das Objekt beschädigen. Es ist jedoch aufwendig und verlangt geeignetes Klebeband.
Für filigrane Rahmen, große Arbeiten und beim Handling spielt auch das Gewicht eine Rolle. Hier bietet Acrylglas Vorteile. Es ist bei gleicher Stärke nur ca. halb so schwer wie echtes Glas.
Zum Beispiel:
Zum Beispiel:
600 x 800 mm: 4,4mm MIROGARD® Protect – ca. 4.600 g
Mittlerweile gibt es auch 3mm starkes MIROGARD® Protect Ultra, dass im gleichen Format nur ca. 3.450g wiegt, allerdings sind die Scheiben weit weniger stabil als 4,4mm starkes Protect. Im Einsatz in Wechselrahmen oder im Leihverkehr eignen sie sich eher für kleinere Formate, wo das Gewicht wiederum weniger relevant ist.
Normales Acrylglas, wie z. B. PLEXIGLAS®, ist durch das weichere Grundmaterial allerdings bedeutend empfindlicher für Kratzer und lädt sich beim Reinigen oder Abziehen der Schutzfolie statisch auf, was das Reinigen erschwert und filigrane gerahmte Blätter anziehen kann. Die Aufladung muss mit speziellem Reiniger entfernt werden. Daher ist es, auch wegen der fehlenden Entspiegelung, für Museen nur bedingt empfehlenswert.
Nicht so bei Optium Museum Acrylic® von Tru Vue. Es verbindet die Vorteile des geringen Gewichts und der Bruchunempfindlichkeit, mit der nur von echtem Glas bekannten harten Oberfläche und geringer statischer Aufladung. Zur Reduktion der statischen Aufladung ist das Glas speziell behandelt, sodass sich auftretende Ladung innerhalb von 0,01 Sekunden wieder abbaut. So kann sich kein hohes Ladungsniveau aufbauen, was im Anschluss zur Anziehung von Teilchen führt. So ist Optium Museum Acrylic® 2.000 mal unempfindlicher gegen statische Aufladung als normale Acrylgläser, egal welchen Herstellers. Durch den Schutz vor statischer Aufladung, eignet sich dieses Acrylglas auch für die Rahmung von empfindlichen Arbeiten wie Pastellen oder Kohlezeichnungen. Auch die Reinigung wird bedeutend einfacher, da es keinen Staub anzieht. Gerade wenn große Serien gerahmt werden, ist die Reinigung der Gläser ein bedeutender Zeitfaktor. Das Optium Museum Acrylic®besitzt außerdem eine kratzfeste Oberfläche, die Microkratzer durch Reinigung und Handling verhindert. Da nur die Oberfläche „gehärtet“ ist, werden tiefe Kratzer durch starke mechanische Einwirkung durch z. B. spitze Gegenstände nicht verhindert. Hier ist echtes Glas nochmal deutlich unempfindlicher.
Unsichtbares Glas durch ideale Beleuchtung
Eine interferenzoptische Entspiegelung reduziert Reflexion um über 99 %, was im Umkehrschluss immer noch eine leichte, je nach Produkt grünlich, bläulich bis violette Restreflexion bedeutet. Dies ist normal und gehört zum Charakter von entspiegelten Gläsern. Die Färbung kann von Scheibe zu Scheibe leicht variieren. Wie stark die Restreflexion wahrnehmbar ist, hängt von Lichtstärke und Einstrahlungswinkel ab. Eine schwache, diffuse Beleuchtung mit geringem Lichtspektrum und im spitzen Winkel zur Glasoberfläche lassen Restreflexion verschwinden. Das Glas ist nicht mehr wahrnehmbar, sprich es ist unsichtbar und ermöglicht einen ungestörten Blick auf das Bild.
Die grün- oder bläuliche Färbung der Restreflexion ist übrigens mit Bedacht gewählt, da sie für den Betrachter, die als am angenehmsten empfundene Farbe darstellt. Rein technisch wären auch andere Farben denkbar.
Direkt gegenüber von Fenstern sind entspiegelte Gläser nur bedingt geeignet, da hier die Restreflexionen wahrnehmbar sind. Denn das Tageslicht fällt mit dem gesamten sichtbaren Bereich des Lichts fast frontal auf die Scheibe. Die Sichtbarkeit des Objektes ist natürlich trotzdem bei Weitem besser als mit einem glänzenden Glas, was in derselben Position eher wie ein Spiegel wirkt. Gegenüber von Fenstern wirken die diffusen Reflexionen von mattierten Gläsern am angenehmsten.
Eine reflexfreie Optik setzt natürlich auch spiegelungsfreie Objekte voraus. Ideal sind Papiere und Objekte mit matten Oberflächen. Die Oberfläche eines hochglänzenden Fotopapiers wird auch hinter interferenzoptisch entspiegeltem Glas weiter spiegeln. Hier hilft nur ein mattiertes Glas. Wer Werke mit matten und glänzenden Flächen wie ohne Glas präsentieren möchte, muss zum entspiegelten Glas greifen.
Reinigung
Entspiegelte Gläser erfordern bei der Reinigung etwas mehr Sorgfalt, da Reinigungsrückstände auf der beschichteten Glasfläche eher sichtbar sind, als bei normalen Gläsern. Am besten ist, Verschmutzung möglichst zu vermeiden. Empfehlenswert ist daher beim Umgang mit den Scheiben – egal welcher Art – dünne Baumwollhandschuhe zu tragen. Glasscheiben lassen sich gut fassen, indem sie nur an den Kanten berührt werden. Die ausgestreckten Finger drücken dabei nur seitlich gegen die Kante.
Leichte Verschmutzungen wie Fingerabdrücke oder Staub lassen sich am einfachsten mit einem trockenen weichen Tuch entfernen. Normale Verschmutzungen lassen sich mit einem sauberenTuch mit – idealerweise destilliertem – Wasser entfernen. MIROGARD® Scheiben lassen sich gut mit Cif Professional Glasreiniger oder einem Gemisch aus Spiritus und destilliertem Wasser im Verhältnis 1:1 reinigen. Während sich das Spiritus/Wasser Gemisch in Verbindung mit einem Microfasertuch auch sehr gut für Optium Museum Acrylic® eignet, hinterlässt der Cif Reiniger Schlieren. Der Profi sprüht den Reiniger nie direkt auf die Scheibe, sondern immer auf das Tuch. Empfehlenswert ist, immer die Scheiben mit einem zweiten Tuch trocken zu wischen. Die verwendeten Tücher sollten fusselfrei sein.
Starke alkalische Waschlaugen, Säuren oder mechanische Reinigungsmittel (Scheuermilch, Stahlwolle, Klingen) dürfen nicht verwendet werden. Ammoniak-haltige Glasreiniger sollten generell bei der Einrahmung nicht verwendet werden, um Schädigungen der gerahmten Bilder auszuschließen. Beschichtungen werden durch das Ammoniak nicht angegriffen. Optium Museum Acrylic® darf nicht mit typischen Acrylglas Reinigern oder Polituren für unbeschichtetes Acrylglas gereinigt oder behandelt werden, dies würde die Beschichtung beschädigen.
Einsatz
Am Ende stellt sich die Frage: welches Glas ist das Richtige für mich. Es gibt kein perfektes Glas. Jede Glassorte hat seine Vor- und Nachteile. Die Kunst ist, das für eine Anwendung passende Glas zu wählen, das auch zum Budget passt. Dazu muss man sich über seine Anforderungen an Bildwiedergabe, UV-Schutz, Bruchfestigkeit gewiss sein.
Wenn keine besonderen Anforderungen an die Brillanz und UV-Schutz gestellt werden, z.B. beim Rahmen von eigenen Werbepostern im Eingangsbereich, bei Hinweistexten oder wenn das Budget klein ist, sind mattierte Gläser eine gute und günstige Wahl, für beste Farbwiedergabe als Weißglas. Wenn trotzdem UV-Schutz oder Bruchfestigkeit gefragt sind oder großformatige Werke (über 1200x1400mm) gerahmt werden, ist PLEXIGLAS® eine gute Alternative.
Möchten Sie Ihren Besuchern den ungestörten Blick auf die Bilder bieten, sind interferenzoptisch entspiegelte Gläser die klare Empfehlung.
Wenn gerahmte Werke nur bis in die eigenen Ausstellungsräume gebracht werden, empfiehlt sich das vergleichsweise günstige SCHOTT MIROGARD®. Sobald UV-Schutz notwendig ist, kommt MIROGARD® Plus, MIROGARD® Protect oder Tru Vue Optium Museum Acrylic® ins Spiel. Die beiden letztgenannten bieten über 99% UV-Schutz und hohe Bruchfestigkeit.
Wenn zusätzlich noch geringes Gewicht gefordert ist oder Werke bis 1,8x3 Meter verglast werden, kommt nur Optium Museum Acrylic® in den Stärken 3 mm, 4,5 mm oder 6 mm in Frage. Acrylgläser neigen ab gewissen Größen leicht bauchig zu werden, da das Material minimal biegsam ist. Daher empfiehlt Tru Vue bei großen Formaten, für eine gute Planlage, stärkere Scheiben zu verwenden.
Die Empfehlung lautet:
Die Empfehlung lautet:
3 mm bis 1.016 x 1.016 mm
4,5 mm ab 1.017 x 1.017 mm bis 1.524 x 1.524 mm
6 mm ab 1.525 x 1.525 mm
Der Erfahrung nach eignen sich die günstigeren 3mm Scheiben auch für größere Rahmen. Für Verglasungen in Übergröße wurden in den USA auch schon 6 mm Optium Museum Acrylic®Scheiben auf über 6 Meter Länge zusammengeklebt. Beim Einsatz von Acrylglasscheiben muss beachtet werden, dass das Material durch Temperaturänderungen wächst und schrumpft. Der Wärmeausdehnungskoeffizient beträgt ca. 0,07. Es muss also genügend Spiel und Überdeckung vorhanden sein, um die Veränderungen zu kompensieren.
Bei HALBE-Rahmen erhalten Sie nicht nur komplette Rahmen, sondern auch einzelne Scheiben genau auf Maß geschnitten. Oft lassen sich bei vorhandenen Rahmen die alten Gläser gegen neue Scheiben tauschen und so der Rahmenbestand nachhaltig modernisieren.
Credits und Zusatzinfos:
Foto: HALBE Rahmen