Aus der MuseumsScorecard ein umfangreiches Webtool entwickelt.
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MuseumsScorecard – ein Versuch, Museumsqualität in neuen Maßstäben zu vermessen

Erfolg beim Publikum ist den Museen und bei seinen Mitarbeiter:innen ein zentraler Antrieb. Dass möglichst viele Menschen die Ausstellungen besuchen, Vermittlungsangebote und Rahmenveranstaltungen nutzen, ein logischer Wunsch – von den Museen selbst wie auch von ihren Fördergeber:innen und Unterstützer:innen. 
Aber die Institution Museum leistet viel mehr – als Speicher des Kunst-, Kultur- und Naturerbes, als Dritter Ort, an dem Diskurs und Wissensvermittlung stattfindet, als außeruniversitärer Forschungsort und vieles mehr. Auch diese Funktionen des Museums müssen bei der Bewertung mitbedacht werden. Deshalb erarbeitete der Museumsbund Österreich mit seinem Partner ICG Integrated Consulting eine MuseumsScorecard, mittels derer ein ganzheitlicher Blick auf das Museum ermöglicht werden soll. 
  
Wir alle kennen sie, die berühmt-berüchtigte Frage, die konsequent am Jahresanfang als Prognose und am Jahresende als Bilanz abgefragt wird: Die Frage nach den Besuchszahlen. Das einfachste, weil verständlichste aller Kriterien zur Messung des Museumserfolges. Was viele Menschen anzieht, muss gut sein. Aber wir alle wissen, dass die Palette der Museumsarbeit vielfältig ist und viele der Museumsaufgaben nicht öffentlichkeitswirksam sind und so als messbarer Erfolg oft im Dunklen bleiben. Die MuseumsScorecard ist ein Versuch, das zu ändern! 
 
Seit tatsächlich vielen Jahren haben wir innerhalb des Vorstands des Museumsbunds Österreich immer wieder das Thema auf der Agenda: Was können wir den Besuchszahlen als Erfolgsmessung entgegensetzen? Wir führten viele Diskussionen – im wahrsten Sinne des Wortes auf der grünen Wiese, aber so richtig fündig wurden wir trotz aller Kreativität nicht, bis wir am Managementinstrument par excellence hängen geblieben sind: der Balanced Scorecard (BSC). Von David P. Norton und Robert S. Kaplan Ende der 1980er-Jahre als Performance-Measurement-System entwickelt, ist es ein Ziel der BSC, monetäre und nicht-monetäre Kennzahlen zu verwenden, um Unternehmensziele ausgeglichen darzustellen. Typischerweise in vier Perspektiven (Finanzen, Kund:innen, interne Prozesse, Forschung und Entwicklung) vereint die BSC Ziele, Kennzahlen, Vorgaben und Maßnahmen, die zum angestrebten Unternehmenserfolg führen sollen.
Zugegeben, es klingt wie ein weiterer Schritt in Richtung Museumsmanagementarismus und Museumskapitalismus, aber in einem mehrstufigen Prozess haben wir die Idee der BSC unter Berücksichtigung der Museumspraxis zu einem wertvollen Instrument für interne Gestaltungsprozesse und externes Berichtswesen weiterentwickelt.
 
Der Vorstand des Museumsbundes Österreich ist nicht nach Personen, sondern nach Institutionen besetzt: Alle Landes- und Bundesmuseen, alle für Museen zuständigen Stellen in den Bundesländern, alle Berufsverbände haben einen Sitz im zurzeit 40-köpfigen Vorstand, sodass wir konsequent die österreichische Museumslandschaft mit all ihren Facetten abdecken. In einem mehrteiligen Workshop wurde innerhalb des Vorstands, erweitert um Personen aus dem zuständigen Ministerium, auf Basis des Prinzips der BSC und gesammelter absoluter wie relativer Kennzahlen die nun vorliegende Betaversion einer MuseumsScorecard erarbeitet.
 
Über eine Webseite können Museen nun durch die Eingabe von institutionellem Zahlenmaterial ihre eigene MuseumsScorecard erstellen.
Nach einem allgemeinen Steckbrief gibt es die Möglichkeit, in neun weiteren Perspektiven Zahlenmaterial einzugeben:
 
Das Museum wird betrachtet: 
 
  • als Speicher des kulturellen Gedächtnisses, wo die nicht sichtbare Arbeit im Bereich der Sammlung in den Vordergrund gerückt wird,
  • als außeruniversitärer Forschungsort, wo Forschungsprojekte und Forschungsmittel in den Blick gerückt werden,
  • als außerschulischer Bildungsort und Ort des Lebenslangen Lernens, wo die vermittelten Besucher:innen im Fokus stehen,
  •  als inklusiver Ort für alle Menschen, wo Barrierefreiheit und Maßnahmen zur Förderung von Inklusion, Vielfalt und Diversität im Mittelpunkt stehen,
  •  als wichtiger Begegnungsort zwischen Arbeit und Zuhause („Dritter Ort“), wo wiederkehrende Besucher:innen, Feedbacks und niederschwelliger Zugang betrachtet werden,
  •  als regionaler Kulturträger, wo der Impact in der Region festgemacht wird
  •  als Klimaaktivist, wo das grüne Museum auf dem Prüfstand steht, 
  •  als Arbeitgeber, wo faire Bezahlung und Mitarbeiter:innenzufriedenheit betrachtet werden,
  •  als Wirtschaftsfaktor, wo unsere Überlegungen doch nicht ganz ums Geld herumgekommen sind.
 
Durch diese ganzheitliche Betrachtung der Museumspraxis können alle Museen, gleich welchen Typs und welcher Größe, ihre Besonderheit und ihren Erfolgsfaktor unterstreichen.

Schließlich kann ein regionales Museum, das vielleicht nur 2.000 Besuche hat, ein wichtiger regionaler Kulturträger sein, weil 80 % der Besucher:innen aus der unmittelbaren Umgebung kommen und vermittelt durchs Haus gehen. Ein ehrenamtliches Museum kann ein wichtiger sozialer Begegnungsort sein, weil mehrere Dutzend ehrenamtliche Mitarbeiter:innen dort sinnvolle Beschäftigung finden. Ein großes Museum mit vielen internationalen Besucher:innen ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor; ein Museum gleich welcher Größe, das jeden Freitag fürs Klima streikt, ist ein wichtiger Seismograf der Gesellschaft; ein Museum mit sehr wenigen Mitarbeiter:innen, das eine hohe Anzahl Leihanfragen pro Jahr bearbeitet, ist ein wichtiger Bewahrer des kulturellen Erbes etc.
 
Die MuseumsScorecard ist nicht nur ein Instrument, um externen Stakeholdern den Erfolg der Museumspraxis zu verdeutlichen, sie kann auch dem Team dazu dienen, Strategien zu entwerfen und Visionen umzusetzen.
Das eingegebene Zahlenmaterial wird miteinander in Beziehung gesetzt und in einem PDF visuell aufgearbeitet, dieses kann ausgedruckt und gespeichert werden. Die Webseite selbst speichert keinerlei Zahlenmaterial nach Fertigstellung der MuseumsScorecard.
 
Ein umfangreiches Glossar unterstützt dabei, die MuseumsScorecard mit den korrekten Zahlen zu befüllen. Nicht alle Perspektiven müssen ausgefüllt werden, Museen können sich auf diejenigen Faktoren konzentrieren, die für das jeweilige Museum besonders von Interesse sind. Auch innerhalb der Perspektiven müssen nicht alle Zahlen ausgefüllt werden. Das PDF verarbeitet am Ende nur eingegebenes Zahlenmaterial und weist Leerstellen nicht sichtlich aus.
Eine dahinterliegende Logik erlaubt es, auf die Besonderheiten von hauptamtlich und ehrenamtlich geführten Museen Rücksicht zu nehmen.
 
Optimiert wird das Instrument der MuseumsScorecard, wenn sie von einem Benchmarkingprozess begleitet wird, d. h. einem Vergleich mit gleichgesinnten und -gearteten Museen, um das erhobene Zahlenmaterial besser einschätzen zu können und durch kollegiale Beratung wie gemeinsames Experimentieren zu besseren oder anderen Ergebnissen zu kommen. Die beste Museumspraxis ist immer gemeinsames Tun in Form von Kooperation und Kollaboration. Die Geschäftsstelle des Museumsbundes Österreich berät Sie hier gerne, welche Museen Sie ansprechen könnten! Gerne können Sie sich auch an unseren Partner ICG Integrated Consulting Group wenden: (Moderierte) Vergleichsworkshops werden dort gerne für Sie organisiert und auf Wunsch und eigene Kosten in der Höhe von 1.300 € (exkl. USt.) erhalten Sie eine detaillierte Wirkungsanalyse. Dafür sind – neben den in der MuseumsScorecard aufgelisteten Kennzahlen ‒ weitere Spezifizierungen der Angaben notwendig.
 
So statisch die MuseumsScorecard auf den ersten Blick zu sein scheint, so lebendig kann sie als Instrument genutzt werden! Nutzen Sie sie also, um sich innerhalb des Museumsteams Ziele zu setzen, vorhandene Schwerpunkte auszubauen und Ihren Geld- und Fördergeber:innen einen multiperspektivischen Blick auf Ihre Museumspraxis zu ermöglichen und auch jene Seiten der Museumsarbeit sichtbar zu machen, die hinter den Kulissen stattfinden.

Credits und Zusatzinfos: 
Fotografie:
datenfakten.at  
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