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KI und Urheberrecht im Kunst- und Kulturbereich
Zusammenfassung eines Webinars mit Jeannette Gorzala, 24. Februar 2025, aufgezeichnet durch Sabine Fauland.
Von: Sabine Fauland (Museumsbund Österreich), Wien

1          Was das Urheberrecht schützt

 
Das Urheberrecht schützt die Verbindung zwischen Urhebern und deren Werken und sichert sowohl die geistigen als auch die finanziellen Interessen der Schöpfer:innen. In der EU gibt es eine teilweise Harmonisierung, jedoch bestehen Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten.
 
Was gilt als Werk? Eine eigentümliche geistige Schöpfung aus den Bereichen: 
  • Literatur (inkl. Computerprogramme)
  • Tonkunst (Musik)
  • Bildende Kunst (Malerei, Skulpturen, Fotografien, Architektur)
  • Filmkunst (audiovisuelle Werke)
 
Die Voraussetzung dafür ist eine sinnliche Wahrnehmbarkeit, d. h. diese eigentümliche geistige Schöpfung muss sich in der realen Welt manifestieren. Bloße Ideen, also etwas, das noch nicht aus der Sphäre des Geistes der Schöpfer:innen herausgetreten ist, sind nicht urheberrechtlich geschützt.
 
Werke können auch durch Patente, Marken oder Designschutz (Gebrauchs- und Geschmacksmuster) geschützt werden. Auch das Lauterkeitsrecht (Schutz gegen unlauteren Wettbewerb) kann in bestimmten Fällen Anwendung finden.
 
 

2          Rechtliche Rahmenbedingungen für das Urheberrecht 

Die EU-Urheberrechtsrichtlinie (2019) sorgt für eine Mindestharmonisierung, dennoch bestehen nationale Unterschiede.
 
Verschiedene internationale Verträge regeln den Schutz geistigen Eigentums, bspw.:
  • Übereinkommen von Rom (1961) regelt den Schutz ausübender Künstler, Tonträgerhersteller und Rundfunkanstalten.
  • WIPO-Urheberrechtsvertrag (1996) wurde speziell für den Schutz von Werken im digitalen Zeitalter entwickelt.
  • Vertrag von Peking (2012) bezieht sich auf den Schutz audiovisueller Darbietungen, insbesondere in Film und digitalen Medien.
  • Vertrag von Marrakesch (2013) hat die Erleichterung des Zugangs zu veröffentlichten Werken für blinde, sehbehinderte und anderweitig leseeingeschränkte Personen zum Ziel.
 

3          Exkurs: Monkey Selfie Copyright Dispute (2011–2018)

Der Monkey Selfie Copyright Dispute ist ein bekanntes Urheberrechtsverfahren, das sich mit der Frage befasst, ob ein Tier Urheber eines Werks sein kann.
 
Der Fotograf David J. Slater beobachtete und fotografierte Makaken in Indonesien. Einer der Affen, Naruto, nahm Slaters Kamera und machte zahlreiche Selfies, darunter ein besonders berühmtes Bild, das in verschiedenen Medien veröffentlicht, u. a. in Wikipedia, wurde. 
 
Wikimedia Commons lehnte eine Entfernung der Bilder ab, da nach geltendem US Urheberrecht nur eine Person Urheberrechte besitzen kann. Slater beklagte finanzielle Verluste von mindestens 10.000 Pfund, da das Bild als gemeinfrei eingestuft wurde. Parallel dazu brachte die Tierschutzorganisation PETA eine Klage ein, um das Urheberrecht dem Affen zuzusprechen, um Einnahmen für den Artenschutz zu sichern.
Das US Copyright Office bestätigte, dass nur Menschen Urheber sein können. Tiere (ebenso wie KI-Tools oder Algorithmen) können keine Urheberrechte beanspruchen. Da auch Slater das Bild nicht selbst aufgenommen hatte, konnte er ebenfalls kein Urheberrecht geltend machen. 
 
Dieses Urteil ist illustriert die Entscheidungslinie des US Copyright Office, dass nicht von Menschen erschaffene Werke keinen urheberrechtlichen Schutz genießen.
 

4          Wer ist der Urheber bei KI-generierten Werken?

 KI-Systeme oder Algorithmen kommt in Europa keine Urheberschaft zu. Urheberschaft steht nur natürlichen Personen zu. KI-generierte Werke haben keinen urheberrechtlichen Schutz, da es keinen menschlichen Schöpfungsakt gibt.
Alternativen für Künstler:innen sind, KI als Inspirationsquelle zu nutzen oder von KI-generierte Werke zu bearbeiten, um eine eigenständige Urheberschaft zu erlangen.
 
 

5          Text- und Data Mining (TDM) – Rechtliche Herausforderungen

 
Text- und Data-Mining (TDM) bezeichnet den automatisierten Prozess, große Mengen an Texten, Bildern, Audio- oder anderen Daten zu analysieren, um daraus Muster, Zusammenhänge und Erkenntnisse zu gewinnen. Dies spielt eine entscheidende Rolle im KI-Training, da große Sprach- und Bildmodelle auf Basis solcher Daten trainiert werden.
 
Die EU-Urheberrechtsrichtlinie 2019 unterscheidet zwei Szenarien für TDM:
 
Artikel 3 – Text und Data Mining zum Zwecke der wissenschaftlichen Forschunggilt für Forschungs- und Kultureinrichtungen. Hier ist kein Widerspruch durch Rechteinhaber:innen möglich – Urheber können sich nicht dagegen wehren: Werke dürfen für wissenschaftliche Zwecke gescraped, analysiert und verarbeitet werden.
 
Artikel 4 – Ausnahmen und Beschränkungen für das Text und Data Mininggilt für Unternehmen oder private Organisationen, die TDM für kommerzielle Zwecke nutzen (z. B. KI-Entwicklung durch Tech-Firmen). Rechteinhaber:innen können ausdrücklich widersprechen (z. B. durch robots.txt oder maschinenlesbare Hinweise). Ohne klaren Widerspruch gilt die grundsätzliche Erlaubnis zur Analyse und Nutzung von Inhalten.
 
 

6          Problematik und offene Fragen 

Die Grenze zwischen Forschung und kommerzieller Nutzung ist oft unklar – viele KI-Modelle starteten als Forschungsprojekte und wurden später kommerzialisiert.
Technische Schutzmaßnahmen (robots.txt) sind nicht immer effektiv, insbesondere für Bilder und Videos.
Erste Klagen gegen große KI-Anbieter (OpenAI, Stability AI uvm.) basieren darauf, dass sie urheberrechtlich geschützte Inhalte für TDM genutzt haben, ohne Rechte einzuholen.
 
In den USA laufen derzeit über 30 Gerichtsverfahrengegen große KI-Toolanbieter, Entwickler und Infrastrukturbetreiberwegen Verstößen gegen das Urheberrecht. Die Klagewelle hat Europa erreicht, erste Verfahren laufen bereits in Deutschland:
 
  • Musik- und Buchbranche: Künstler:innen und Verlage klagen gegen OpenAI, Google und Stability AI wegen der Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke ohne Lizenz.
  • Bild- und Nachrichtenagenturen: Getty Images verklagt Stable Diffusion wegen Nutzung lizensierter Bilder. Die New York Times hat OpenAI wegen der Verwendung ihrer Artikel verklagt.
  • Erste Urteile: Das Landesgericht Hamburg hat entschieden, dass TDM-Ausnahmen für nicht-kommerzielle Zwecke (z. B. Forschung) weitreichend gelten, was kommerzielle Unternehmen indirekt begünstigen könnte.
 

7          Zukunftsperspektiven und rechtliche Entwicklungen

a)Code of Practice
 
Die EU arbeitet an einem Code of Practicefür KI-Modelle, um den Schutz von Urheberrechten in Bezug auf KI-Training und Web-Crawling zu verbessern. Der dritte Entwurf dieses Regelwerks wurde im März 2025 veröffentlicht und wird aktuell diskutiert.
 
b) Einführung von Verwertungsgesellschaft für KI-Trainingsdaten
 
Traditionelle Verwertungsgesellschaften verwalten und schützen die Rechte von Künstler:innen und sorgen für eine faire Vergütung bei der Nutzung geschützter Werke. Bisher gibt es keine etablierten Verwertungsgesellschaften für KI-generierte Inhalte oder für Werke, die im KI-Training verwendet wurden.
Erste Klagen, wie die der GEMA gegen OpenAI, fordern eine angemessene Vergütung für Musiker:innen, deren Songs möglicherweise ohne Lizenz zum Training von KI-Modellen genutzt wurden.
In Frankreich wird diskutiert, eine Verwertungsgesellschaft für KI-Trainingsdaten einzuführen, um eine Vergütungsregelung zu schaffen.
 
 

Fazit

  • Urheberrechtlich geschützte Werke und KI: Künstler:innen müssen aufpassen, wie ihre Werke in KI-Trainingsdatensätze gelangen und sich über Schutzmaßnahmen informieren.
  • Gesetzliche Entwicklungen: Das Urheberrecht ist nicht für KI geschaffen – Anpassungen könnten in Zukunft erfolgen.
  • Handlungsempfehlung: Kunst- und Kulturschaffende sollten KI als Werkzeug nutzen, aber auf rechtliche Risiken achten, insbesondere beim Einsatz für kommerzielle Zwecke.

Credits und Zusatzinfos: 

Referentin: 
Jeannette Gorzala kombiniert juristische Expertise mit strategischer Vision. Mit ihrem Hintergrund in internationaler Betriebswirtschaft und Recht ist sie die Schnittstelle zwischen Technologie, Recht und Wirtschaft. 
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