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Bestimmung des pH von Papier und Karton nach ISO 6588-1

Der Extrakt-pH von Papier & Karton 

Der pH-Wert von Papier oder Karton wird in der Konservierung und Restaurierung als wichtiger Parameter aufgefasst, den Zustand von Originaldokumenten oder die Alterungsbeständigkeit von Hüllmaterialien aus Papier oder Karton zu beurteilen. Für die Qualitätsprüfung alterungsbeständiger Papiere oder Kartons nach DIN EN ISO 9706 schreibt diese Norm eine pH-Wert-Bestimmung im wässrigen Kaltextrakt nach ISO 6588-1 mit kalibrierten pH-Elektroden zwingend vor. DIN EN ISO 9706 gilt als erfüllt, wenn ein pH-Wert von 7,5 nicht unterschritten wird. 

Hüllmaterialien aus Papier oder Karton, die den Qualitätsnormen für Alterungsbeständigkeit entsprechen sollen, müssen einen alkalischen Füllstoff von mindestens zwei Massenprozent Calciumcarbonat [2 % CaCO3 (w/w)] als alkalische Reserve enthalten. Im Falle einer unbehinderten wässrigen Extraktion dieser Materialien in destilliertem Wasser bei 20 bis 25 °C (Kaltextraktion nach ISO 6588-1) entsteht gesättigte Lösung von Calciumcarbonat deren pH-Wert theoretisch bei 8,3 liegt. In der Praxis werden bei solchen Prüfungen aber meist nur Werte um pH-Wert 7,5 gemessen. 

Alkalischer Füllstoff 

Die Messung des pH-Werts von Papier ist mit Problemen behaftet. Sind alkalische Komponenten, z. B. alkalische Füllstoffe oder eine alkalische Reserve im Papier vorhanden, so handelt es sich um Erdalkalicarbonate von äußerst geringer Wasserlöslichkeit. Sie sind deshalb besonders schwer aus Probenmaterialien extrahierbar. 

Für eine korrekte pH-Wert-Bestimmung ist eine unbehinderte Extraktion löslicher Substanzen bis zu ihrer Sättigung entscheidend, weil der pH-Wert als Summenparameter die Konzentration der in Lösung wirksamen Hydronium Ionen (H30+) angibt. Bedauerlicherweise lässt sich der pH-Wert nicht mit der Konzentration eines alkalischen Füllstoffs in Papier korrelieren, da er nur in geringer Menge im Kaltextrakt löslich ist und den pH-Wert der Lösung dementsprechend geringfügig anheben kann. 

Grundsätzlich lässt sich nur aussagen, dass nach wässriger Extraktion von Papier ein saurer pH (i.e. pH < 7,0) auf vollständige Abwesenheit eines alkalischen Füllstoffs schließen lässt. Ein pH von > 7 lässt auf das Vorhandensein einer alkalischen Komponente in Papier schließen, aber keinen Rückschluss auf deren Konzentration zu. 

Anhand einer einfachen pH Messung lässt sich demnach nicht feststellen, ob ein alkalischer Füllstoff in ausreichender Menge in Papier oder Karton vorliegt und ob diese der EN DIN ISO 9706 genügt. 

Kaltextrakt Prüfung 

Die ISO 6588-1 schreibt vor, dass 2 Gram des Probematerials in 5x5 mm große Stücke geschnitten und dann in ein Erlenmeyerkolben überführt werden, in dem 100 ml CO2-freies destilliertes oder demineralisiertes Wasser mit einer Temperatur von 20 bis 25 °C vorgelegt ist. Die Extraktionszeit beträgt eine Stunde, wobei der verschlossene Kolben nur von Zeit zu Zeit zur Durchmischung geschwenkt wird. Die Extraktionsflüssigkeit soll nicht gerührt werden, da die Messung durch die Rührgeschwindigkeit und die Absorption von CO2 aus der Atmosphäre in der Lösung beeinflusst wird. 

Stark verdichtete bzw. stark geleimte Papier- und Kartonqualitäten können Wasser nur unzureichend aufnehmen. Daher ist auch im Fall hoher Füllstoffgehalte auf Basis von Calciumcarbonat (GCC) deren ausreichende Extraktion nicht erreichbar. Eine Qualitätsprüfung dichter und hartgeleimter Hüllpapiere oder Kartonmaterialien lässt bei Einhaltung der Norm kein brauchbares Resultat zu, da infolge zu geringer Wasseraufnahme, Calciumcarbonat nicht in ausreichender Menge extrahiert werden kann. 

Deshalb werden im Kaltextrakt Werte deutlich unterhalb von pH 7 gemessen. Derartige Prüfungen müssen in Abweichung von der Norm entweder mit aufgeschlagenem Probenmaterial oder unter konstantem Rühren mit moderater Rührgeschwindigkeit durchgeführt werden, damit eine ausreichende Lösung von Calciumcarbonat eintreten kann. Wird eine gesättigte Lösung von Calciumcarbonat in der normgerechten Extraktionszeit erreicht, sollte deren pH bei 8,3 liegen. Infolge der höheren Anreicherung von CO2 im wässrigen Extrakt, werden bei Anwendung dieser Extraktionstechniken meist nur Werte um pH 7,5 gemessen. 


Klug beraten – Forschung für konservierende Verpackungen 

KLUG-CONSERVATION bietet seit über 150 Jahren hochwertige und wirtschaftliche Lösungen für die Erhaltung von Kulturgut für Archive, Museen, Bibliotheken und Bildeinrahmer. Durch die enge Zusammenarbeit mit unseren Kunden und in Kooperation mit der Papierindustrie, Akademien, Forschungsgesellschaften und Hochschulen entwickeln wir stetig verbesserte oder neue Produkte. Damit sorgen wir für höchste Qualität und einen Vorsprung an Wissen, welches wir auch in Form unserer »Wissensfolder« gerne mit Ihnen teilen. Sollten Sie weitere Fragen haben, finden Sie Antworten im Internet unter klug-conservation.de, in unseren gedruckten Publikationen oder auch bei uns persönlich. 

Credits und Zusatzinfos: 

Literatur 
  • DIN EN ISO 9706:2010 Information und Dokumentation – Papier für Schriftgut und Druckerzeugnisse – Voraussetzungen für die Alterungsbeständigkeit (ISO 9706:1994). Berlin: Beuth.
  • Gerhard Banik, Irene Brückle, Papier und Wasser: Ein Lehrbuch für Restauratoren, Konservierungswissenschaftler und Papiermacher, München: Siegl, 2015. 
  • Kyujin Ahn, Gerhard Banik, ute Henniges, Antje Potthas, Nachhaltigkeit in der Massenentsäuerung von Bibliotheksgut, in Eine Zukunft für saures Papier, hrsg. v. Reinhard Altenhöner e. a., Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie, Sonderband 106, Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann, 2010
  •  ISO 6588-1: 2012 Papier, Pappe und Faserstoff- pH-Bestimmung eines Wasserextraktes – Teil 1: Kaltextraktion. Berlin: Beuth. Sound, I. und Becker, H. (2010). pH Tipps und Tricks. Laborpraxis, März 2010.
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