Broschüre Ausstellungspraxis in Österreich
„Ausstellungen machen ist unsere Kernaufgabe!“
Erhebung zur Ausstellungspraxis in österreichischen Museen
Von:
Nadia Rapp-Wimberger (VerA Verband für Ausstellungsgestaltung in Österreich), Christopher Winter (Winter Artservice), Sabine Fauland (Museumsbund Österreich), Graz/Wien
„Ausstellungen machen ist unsere Kernaufgabe!“ (1)
„Ausstellungen machen“ ist eine besonders öffentlichkeitswirksame Aufgabe im breiten Kanon der Aufgaben in der Museumspraxis. Ausstellungen erregen Aufmerksamkeit, schaffen es im besten Fall in die Tagespresse und generieren (Wieder-) Besucher:innen. Sie werden gleichsam von Museen erwartet – und Museen werden an ihrer Ausstellungstätigkeit gemessen, nicht zuletzt an der Zahl der Besuche. Ausstellungen sind ein wichtiges (Wissens-)Vermittlungsformat und eine laufende Möglichkeit, immer wieder andere Sammlungsobjekte zu zeigen und zu präsentieren.
Erhebung zum Thema „Ausstellung machen“
Grund genug für VerA, den Verband für Ausstellungsgestaltung, Sektion Österreich, in Kooperation mit dem Museumsbund Österreich eine Erhebung unter den registrierten österreichischen Museen durchzuführen, um mehr über die Ausstellungspraxis im Museumsalltag herauszufinden: Wie wird das „Ausstellung machen“ in den österreichischen Museen gelebt?
Dazu wurden 571 Museumseinheiten (= 708 Museumsstandorte) kontaktiert. Rund 65 % haben sich an der Umfrage beteiligt. (2) Wir bedanken uns sehr, sehr herzlich für die Teilnahme!
Ausstellungen sind personalintensive Projekte
Viele Gewerke bringen ihr Wissen, aber auch ihre Wünsche und Vorstellungen mit. Und es ist eine kommunikative Gratwanderung, bei der Produktion von Ausstellungen allen zuzuhören, alle Beteiligten gleichwertig zu achten und auch das – diverse! – Publikum nicht aus den Augen zu verlieren. Ausstellungen sind Denken im Raum, wie Daniel Tyradellis feststellte. (3) Objekte müssen so miteinander in Beziehung gesetzt werden, dass sie eine neue, eine andere Geschichte erzählen, eine weitere Perspektive eröffnen. Ausstellungen müssen so gestaltet sein, dass Besucher:innen die codierte Information interpretieren und die Geschichte(n) verstehen können, die Ausstellungsverantwortliche, in der Regel Kurator:innen und Sammlungsleiter:innen, erzählen möchten.
Es ist ein umfassen- der Kommunikationsprozess, der hier in Gang gesetzt wird – zuerst innerhalb des Teams und dann mit dem Publikum. Dabei fällt der oder dem Ausstellungsverantwortlichen die Aufgabe eines Teamleaders zu, der die vielen Gewerke zusammenhält und das beste Ergebnis für das Publikum herausholt. Alle, die schon einmal an einem Ausstellungsprojekt mitgewirkt haben, wissen, dass solche komplexen Aufgaben nicht immer ohne Reibungsverluste zu bewältigen sind. Das Tückische an einer Ausstellung ist, dass sie eigentlich erst anfängt, wenn sie fertig ist: Der Eröffnungsabend ist praktisch der Beginn der Ausstellung, jetzt erst kommen Besucher:innen und bringen die Ausstellung durch ihre Interaktion zum Leben. Sie nutzen ihre Elemente, halten sich in ihr auf, wollen ins Gespräch kommen, möchten Zusammenhänge verstehen und sich begeistern lassen. Wenn die Ausstellung zu Ende geht, ist die Arbeit an der Ausstellung noch nicht abgeschlossen: Was kann nachgenutzt oder recycelt werden? Was muss wirklich entsorgt werden? Was bleibt vom Inhalt der Ausstellung, wie wird dieser archiviert? Dabei steckt das Team schon mitten in den Vorbereitungen für die nächste Ausstellung. Eine herausfordernde Aufgabe!
Es ist ein umfassen- der Kommunikationsprozess, der hier in Gang gesetzt wird – zuerst innerhalb des Teams und dann mit dem Publikum. Dabei fällt der oder dem Ausstellungsverantwortlichen die Aufgabe eines Teamleaders zu, der die vielen Gewerke zusammenhält und das beste Ergebnis für das Publikum herausholt. Alle, die schon einmal an einem Ausstellungsprojekt mitgewirkt haben, wissen, dass solche komplexen Aufgaben nicht immer ohne Reibungsverluste zu bewältigen sind. Das Tückische an einer Ausstellung ist, dass sie eigentlich erst anfängt, wenn sie fertig ist: Der Eröffnungsabend ist praktisch der Beginn der Ausstellung, jetzt erst kommen Besucher:innen und bringen die Ausstellung durch ihre Interaktion zum Leben. Sie nutzen ihre Elemente, halten sich in ihr auf, wollen ins Gespräch kommen, möchten Zusammenhänge verstehen und sich begeistern lassen. Wenn die Ausstellung zu Ende geht, ist die Arbeit an der Ausstellung noch nicht abgeschlossen: Was kann nachgenutzt oder recycelt werden? Was muss wirklich entsorgt werden? Was bleibt vom Inhalt der Ausstellung, wie wird dieser archiviert? Dabei steckt das Team schon mitten in den Vorbereitungen für die nächste Ausstellung. Eine herausfordernde Aufgabe!
Wie steht es nun um die Ausstellungspraxis?
Die Erhebung zeigt folgende wichtigste Ergebnisse: Im Schnitt eröffnet jedes registrierte Museum eine Ausstellung pro Jahr – für die Hälfte der Museen bedeutet dies eine Jahres- oder Saisonausstellung, ein Drittel der Museen präsentiert mehr als eine Ausstellung pro Jahr. Dass es Ausstellungen braucht, um das Publikumsinteresse zu halten, ist der Hauptantrieb für das Entstehen von Ausstellungen – und das Zeigen der Sammlung, wobei 75 % aller ausgestellten Objekte aus den eigenen Sammlungen stammen.
Die Antworten auf die offenen Fragen zeigen, dass vielfach längere Laufzeiten als bisher angestrebt werden. Das hat verschiedene Gründe. Zum einen das Klimabewusstsein – längere Laufzeiten reduzieren den CO2-Fußabdruck deutlich –, zum anderen die Rücksichtnahme auf personelle Ressourcen, aber auch, um es den Besucher:innen zeitlich möglich zu machen, die Ausstellung wahrzunehmen und gegebenenfalls mehrfach zu besuchen. Ein weiterer Wunsch lautet: „Den Kulturbereich entschleunigen.“ Gemeint ist damit, dem Museumsteam die Zeit zu geben, die es benötigt, um fundierte Ausstellungen und qualitätsvolle Vermittlung zu gewährleisten. (4)
Die Ausstellungsthemen stehen im Regelfall ein Jahr im Vorhinein fest. Jubiläen und Gedenkdaten sind häufig Anlass, sich bestimmten Fragestellungen zu widmen. Der Zeitplan lässt spontane Ausstellungsideen nicht so oft zu, wie man es sich von der Institution Museum vielleicht wünschen würde, nämlich im Sinne eines Seismografen der Gesellschaft (Gottfried Fliedl), der aktuelles Zeitgeschehen, „die Gegenwart“, kommentiert. Dies geschieht vielfach eher im Rahmenprogramm als in der Ausstellung selbst. Dennoch ist vielen Museen der Bildungsauftrag ein großes Anliegen, aktuelle gesellschaftspolitische Fragestellungen werden in Ausstellungen aufgegriffen. Das Zeigen von Forschungsergebnissen spielt hingegen eine untergeordnete Rolle.
Für ehrenamtlich betriebene Museen ist es aufgrund der Kosten und der Klimabedingungen schwieriger, Leihgaben zu bekommen. Generell sind die Kosten für Transport und Kurier:innen auch für hauptamtlich betriebene Museen eine Herausforderung. Die finanziellen Ressourcen sind auch ausschlaggebend dafür, wie viele Medien- und Hands-on-Stationen in die Ausstellungen eingebaut werden können.
Viele Ausstellungen werden inhouse gestaltet, nur einzelne Elemente (bspw. Grafik oder Arthandling) werden ausge- lagert. Außerdem werden vorhandene Ausstellungsmobiliare wieder genutzt. Wo mit externen Gestalter:innen zusammen- gearbeitet wird, setzt man auf dauerhafte Partnerschaften.
In ehrenamtlich betriebenen Museen kommt nicht selten alles „aus einer Hand“.
Ausstellungstexte werden überwiegend von Ausstellungskurator:innen verfasst. Kataloge werden von etwa 40 % aller Museen produziert, aber nicht (mehr) zu jeder Ausstellung. Archiviert werden Ausstellungen meistens, indem sie (professionell) abfotografiert werden. Rückmeldungen werden im Besucher:innenbuch gesammelt, Publikumsforschung ist rar.
In ehrenamtlich betriebenen Museen kommt nicht selten alles „aus einer Hand“.
Ausstellungstexte werden überwiegend von Ausstellungskurator:innen verfasst. Kataloge werden von etwa 40 % aller Museen produziert, aber nicht (mehr) zu jeder Ausstellung. Archiviert werden Ausstellungen meistens, indem sie (professionell) abfotografiert werden. Rückmeldungen werden im Besucher:innenbuch gesammelt, Publikumsforschung ist rar.
In den (größeren) Teams bemüht man sich um Ablaufpläne und Workflows, am Ende ist aber jedes Ausstellungsprojekt anders, Routine kommt nicht auf und die Zeit bis zur Ausstellungseröffnung wird knapp: „Irgendwas ist immer!“ Bis die Ausstellung endgültig steht, taucht das eine oder andere unvorhergesehene Hindernis auf.
Wünsche für zukünftiges Ausstellen
Mehr Budget für Ausstellungen wünschen sich viele Museumsteams – um einprägsame Ausstellungserlebnisse zu schaffen, braucht es vielleicht nicht immer das große Budget, aber es braucht Expertise und ja, doch auch Geld, um mit wertigen Materialien multisensorisch Objekte und Geschichte(n) in Szene zu setzen. Das Geld ist gerade für jene Teams eine Herausforderung, die sich Nachhaltigkeit im Ausstellungsbau zum Ziel gesetzt haben.
Viele Museen machen sich Sorgen um das Publikum der Zukunft (trotz anhaltend guter Besuchszahlen). Es fehlt vor allem an Geld, um digitale Formate sinnvoll einzusetzen. Und es fehlt an Zeit fürs „Ausstellung machen“, im ehrenamtlichen Bereich auch an Personal.
Und was wünschen wir uns? Als Ausstellungsdienstleister:innen in Österreich wünschen wir uns, dass wir – obwohl wir in Österreich kleinteilig organisiert sind – vermehrt auch bei größeren Projekten wahrgenommen werden. Oft gerät die österreichische Szene gegenüber großen Agenturen aus den angrenzenden Ländern ins Hintertreffen. Außerdem wünschen wir uns, dass alle an Ausstellungen Beteiligten bei Eröffnungen auf die Bühne geholt werden und manchmal auch ein wenig mehr Experimentierfreudig- keit! Ach ja – und eine kollegiale, offene Ausstellungskritik und Publikumsforschung.
Credits und Zusatzinfos:
Fußnoten
1 Zitat aus einer offenen Antwort.
2 64,5 % der angeschriebenen Museumseinheiten haben Antworten beigetragen. Stichproben hinsichtlich Museumstyp, Größe, Verteilung nach Bundesländern haben ergeben, dass ein repräsentativer Anteil der Grundgesamtheit aller öster- reichischen Museumseinheiten erfasst wurde. Die Zahlen wurden kaufmännisch gerundet. Wo nicht zwischen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Museen unter- schieden wird, gibt es keinen signifikanten Unterschied. Wo mehrere Antworten zulässig waren, zeigen Diagramme die relative Häufigkeit jeder Antwort in Bezug auf die Gesamtanzahl der gegebenen Antworten.
Die Ergebnisse der Erhebung zur Ausstellungspraxis ergänzt um 15 Einblicke in Ausstellungen aus der ganzen Bandbreite der österreichischen Museumslandschaft sowie die Museumsstatistik der Statistik Austria für die Berichtsjahre 2019–2022 sind in einem Band zusammengefasst.
Fußnoten
1 Zitat aus einer offenen Antwort.
2 64,5 % der angeschriebenen Museumseinheiten haben Antworten beigetragen. Stichproben hinsichtlich Museumstyp, Größe, Verteilung nach Bundesländern haben ergeben, dass ein repräsentativer Anteil der Grundgesamtheit aller öster- reichischen Museumseinheiten erfasst wurde. Die Zahlen wurden kaufmännisch gerundet. Wo nicht zwischen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Museen unter- schieden wird, gibt es keinen signifikanten Unterschied. Wo mehrere Antworten zulässig waren, zeigen Diagramme die relative Häufigkeit jeder Antwort in Bezug auf die Gesamtanzahl der gegebenen Antworten.
3 Vgl. Daniel Tyradellis: Müde Museen, Oder: Wie Ausstellungen unser Denken verändern könnten, Hamburg 2014.
4 Vgl. dazu Sabine Fauland im Gespräch mit Miriam Szwast, „Eco-Curating im Museum Ludwig – gekommen, um zu bleiben“, in neuesmuseum 24/3, Juni 2024, S. 22 ff., https://www.doi.org/10.58865/13.14/243 (13.8.2024)
Die Ergebnisse der Erhebung zur Ausstellungspraxis ergänzt um 15 Einblicke in Ausstellungen aus der ganzen Bandbreite der österreichischen Museumslandschaft sowie die Museumsstatistik der Statistik Austria für die Berichtsjahre 2019–2022 sind in einem Band zusammengefasst.