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Ein neuer Klimakorridor für Ausstellungen?
Über die Entstehung der Grenzwerte und den aktuellen Stand der Diskussion

Die empfohlenen Werte für Objekte in Ausstellungen und im Rahmen des Leihverkehrs liegen bei 50 % plus/minus 5 % relative Luftfeuchtigkeit sowie einer Temperatur zwischen 18 und 20 Grad Celsius.
Zu diesen Grenzwerten gelang man zum einen durch Beobachtung von Schadensphänomenen an Objekten, bspw. Schäden an Holztafeln (Stillwell, Knight, 1931) oder Schimmel an Büchern (Groom, Panisset, 1933).
F. I. G. Rawlins, National Gallery, London, begann 1936 mit systematischen Messungen. Im Zweiten Weltkrieg wurde dann die Sammlung evakuiert und an verschiedenen Orten eingelagert. 1941 schließlich wurden alle Bestände in einer Schiefermine bei Manod in Wales zusammengefasst. Es war seit langem bekannt, dass sich Gemälde am wohlsten fühlen, wenn sie unter stabilen Feuchtigkeits- und Temperaturbedingungen gelagert werden. Aber noch nie zuvor war es möglich gewesen, eine ganze Sammlung unter solch kontrollierten Bedingungen zu überwachen: Die Sammlung wurde in den Stollen bei 17 Grad Celsius und stabiler 58 % Luftfeuchtigkeit gelagert. In dieser Zeit wurden wertvolle Entdeckungen gemacht, die die Art und Weise, wie die Sammlung nach dem Krieg ausgestellt und gepflegt wurde, beeinflussen sollten – nicht nur in London. 
 
Ab den 1960er Jahren wurde in den Museumsbauten Klimaanlagen nachgerüstet, der Ruf nach Grenzwerten wurde laut.
 
Das führte schließlich zum Festlegen von Standards. 1960 veröffentlichte ICOM Empfehlungen auf Basis einer von Plenderleith und Philippot (Climatology and conservation in museums. Climatologie et conservation dans les musées, 1960) unter 37 Museen durchgeführten Umfrage zum Museumsklima (22 +/- 4 Grad Celsius, 50 +/- 5% Luftfeuchtigkeit. 
1978 erschien der von Gary Thomson, wissenschaftlicher Mitarbeiter, National Gallery, London, herausgegebene Sammelband „Museums Environment“. Dieser richtet sich an Restaurator:innen wie Museumskurator:innen und beschreibt die Grundsätze und Techniken der Umgebungskontrolle, um die potenziell schädlichen Auswirkungen von Licht, Feuchtigkeit und Luftverschmutzung auf Museumsexponate zu minimieren. Hier wird ein „Class A Museum“ mit einer relativen Luftfeuchtigkeit von 50 % (plus/minus 5 %) definiert.
 
David W. Erhard und Marion F. Mecklenburg, Canadian Conservation Institute, Ottawa, zweifelten diesen Standard 1994 erstmals an. In Relative Humidity Re-examined halten die Autor:innen eine Spanne von 30 bis 60 Prozent für möglich.
 
Es folgten weitere Artikel von Stefan Michalski, Morten Ryhl-Svendsen, Tim Padfield, Sarah Staniforth, Andreas Burmester, Alfons Huber uvm.
 
Die Bizot Group entwickelt 2009 das Bizot Green Protocol. Die in Environmental Sustainability: Reducing Museums' Carbon Footprint zusammengefassten Richtlinien wurden von vielen großen Museen in der Welt anerkannt.
Die Tagung The Plus/Minus Dilemma: The Way Forward in Environmental Guidelines 2010 war das dritte Rundtischgespräch in der laufenden IIC-Reihe Dialoge, die Zukunftsthemen und die Beziehung zum Denkmalschutz untersuchten. Die Diskussion über Umweltrichtlinien, Fortschritte in der Umweltforschung und den Weg zur Lösung des Plus-Minus-Dilemmas führten zu einem umfangreichen Tagungsband.
 
2014 schließlich wurden die ICOM-Richtlinien von 1974 angepasst. Die Environmental Guidelines ICOM-CC and IIC Declaration sieht eine relative Luftfeuchtigkeit zwischen 45 und 55 % (plus/minus 5 % innerhalb von 24 Stunden) vor und eine Temperatur von 15 bis 25 Grad Celsius (mit Schwankungen von max. 4 Grad Celsius innerhalb von 24 Stunden).
 
ASHRAE (American Society of Heating Refrigerating and Air-Conditioning Engineers) legt umfangreiche Standards unter Laborbedingungen vor – hier findet sich auch ein Kapitel zu Museums, Galleries, Archives, and Libraries.
 
Der von Arts Council England und der Klimaschutzorganisation Julie's Bicycle veröffentlichter Bericht Sustaining Great Art and Culture 2018/19 zeigt auf, das der Museumssektor für 41 % aller CO2-Emissionen der Kulturbranche verantwortlich ist.
 
Zeit, das grüne Museum neu zu denken! In Anlehnung an die Empfehlung zur Energieeinsparung durch die Einführung eines erweiterten Klimakorridors bei der Museumsklimatisierung des Deutschen Museumsbunds sollen auch in Österreich neue Empfehlungen entstehen. 
 
Zusammenfassung der ersten Diskussion für einen neuen Klimakorridor – eine Initiative von Katharina Egghart und Beate Murr, MAK – Museum für angewandte Kunst und Bärbl Schrems, Wien Museum. Vielen Dank!

Credits und Zusatzinfos: 
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